Katherina Reiche will Solarförderung abschaffen – mit dieser Forderung hat die Politikerin eine Bombe platzen lassen. Mitten in einer Phase, in der die Energiewende eigentlich Rückenwind bräuchte, kündigt sie an: Die private Solarförderung soll gestrichen werden. Für viele ein politischer Affront, für Solarverbände eine Katastrophe – und für mich? Ein Moment, in dem es sich lohnt, genauer hinzusehen. Schon der erste Gegenwind kam prompt: Eine Solar-Firma ging gegen Reiche auf die Barrikaden, wie t-online berichtet.
Denn hinter dem reflexhaften Aufschrei steckt mehr Logik, als viele wahrhaben wollen. Die Preise für Photovoltaik sind auf historische Tiefstände gefallen, Renditen stabil, die Technologie längst aus der Start-up-Phase heraus. Wer heute eine PV-Anlage installiert, macht das nicht mehr nur aus Idealismus, sondern weil es sich rechnet – auch ohne staatliche Stütze.
Und genau hier beginnt meine persönliche Meinung: Reiche hat recht. Ja, dieser Satz wird nicht jedem schmecken. Aber vielleicht ist es an der Zeit, weniger auf Gewohnheiten und Subventionsromantik zu schauen – und mehr auf wirtschaftliche Vernunft.
Qualitätssicherung oder Titelwirtschaft?
Die neue Regelung liest sich wie aus dem Bilderbuch der deutschen Handwerkslobby: Die Elektroseite darf nur ein Elektromeister machen, die Dachseite nur ein Dachdeckermeister. Zwei Meistertitel für eine Solaranlage – und beide wollen bezahlt werden. Was früher oft ein eingespieltes Team aus PV-Spezialisten erledigte, ist jetzt zu einer formalen Titelkette geworden.
Natürlich haben Meisterbetriebe ihre Berechtigung. Aber wer glaubt, dass das die Kosten senkt, hat vermutlich noch nie ein Angebot nach einer Pflicht-Zertifizierung gesehen. Das Ergebnis ist vorhersehbar: Preise steigen, der Markt verengt sich, Flexibilität sinkt. Und mal ehrlich: Steigt die Qualität automatisch nur, weil eine Firma einen Dachdeckermeister im Briefkopf stehen hat? Was passiert, wenn dieser im Urlaub ist oder krank wird – Betriebsferien? Wohl kaum. Am Ende dürfen heute nur noch Meisterbetriebe montieren – die sich dann oft den Subunternehmer holen, der vorher auf eigene Rechnung günstiger gearbeitet hat.
Preisverfall bei Material
2011 lagen die Preise für Module, Wechselrichter und Unterkonstruktion bei rund 1.500 €/kWp. Heute sind es etwa 400 €/kWp – ein Rückgang von rund 73 %. Laut Fraunhofer ISE setzt sich dieser Trend seit Jahren fort und macht PV-Anlagen auch ohne Förderung zunehmend attraktiv.
Ich erinnere mich gut an die PV-Anlage meiner Eltern: 7 kWp, Kostenpunkt damals 18.000 Euro. Eigenverbrauch? Kein Thema – alles ging in die Volleinspeisung. Das war fair, denn die Subvention war gerechtfertigt. Man trug aktiv zur Energiewende bei und bekam einen verlässlichen wirtschaftlichen Rahmen. Die Rechnung war simpel: In 10–12 Jahren war die Anlage bezahlt. Danach konnte man noch 8–10 Jahre Strom verkaufen – komplett für die eigene Tasche. Ein Deal, der nicht nur Idealisten, sondern auch Rationalisten überzeugt hat.
Meine aktuelle Situation

Vierzehn Jahre später sieht die Welt anders aus. Mein Haus – Neubau, KfW-55-Standard, Wärmepumpe, E-Auto – verbraucht rund 12.000 kWh jährlich. Vor meiner eigenen PV-Anlage lag mein monatlicher Abschlag allein für Strom bei rund 500 Euro. Dieser Betrag deckte jedoch den kompletten Energiebedarf unseres Haushalts ab – Heizung und Warmwasser über die Wärmepumpe, den allgemeinen Stromverbrauch im Haus sowie den Fahrstrom für das E-Auto. Auf der Nebenkostenseite standen damit im Wesentlichen nur noch Wasser und Strom. Heute liegen meine Stromkosten im Schnitt bei etwa 150 Euro, und das trotz gestiegener Preise. Das bedeutet: Rund 300 Euro mehr im Familienbudget – zumindest außerhalb der berüchtigten Dunkelflaute. Für mich ist das kein kleines Plus, sondern eine spürbare Entlastung, die direkt in Lebensqualität investiert werden kann.
Der entscheidende Punkt: Heute zählt nicht mehr die Einspeisung, sondern der Eigenverbrauch. Die Einspeisevergütung für Anlagen über 10 kWp liegt aktuell bei etwa 7,86 ct/kWh – lächerlich im Vergleich zu den 30–40 ct/kWh, die ich für Netzstrom zahlen müsste.
Amortisation und Eigenleistung
Nach einem Jahr Marktbeobachtung, Gesprächen mit Installateuren und Vergleichen in Konfiguratoren stand für mich fest: Die Marge vieler Solarfirmen ist enorm – so enorm, dass sich für den Endkunden die Amortisationszeit um viele Jahre verlängert, nur dafür, dass drei Monteure einen Tag beschäftigt waren. Meine selbst gebaute Anlage wird sich allein über den Eigenverbrauch in rund drei Jahren amortisieren – ganz ohne Speicher. Ich habe mir dafür einen Elektromeister gesucht, der die Netzseite offiziell abgenommen hat, während ich den Solarteur-Part selbst übernommen habe. Bevor jetzt jemand meint, das dürften nur noch Dachdeckermeister: Genau hier zeigt sich, wie praxisfern manche dieser Vorschriften sind. Für mich war das kein Hobbyprojekt, sondern eine gezielte Investition zur dauerhaften Reduzierung meiner laufenden Energiekosten.
Warum ich noch keinen Speicher habe
Warum sollte ich heute mehrere Tausend Euro in einen Speicher investieren, wenn ich bei den derzeit niedrigen Materialpreisen und ausreichend Dachfläche einfach eine größere PV-Anlage bauen kann? Der Tagesüberschuss aus einer überdimensionierten Anlage lässt sich durch die Einspeisevergütung fast komplett nutzen, um den nächtlichen Netzstrom zu bezahlen. Und so denken nicht nur Zahlenmenschen wie ich. Ehrlicherweise: Wenn es keine Förderung gäbe, hätte ich den Speicher vermutlich schon längst stehen.
Das Problem: Wenn private Haushalte wie meiner keinen Speicher haben, entstehen zwangsläufig große, zentrale Speicherprojekte von Drittanbietern. Diese nehmen den überschüssigen Strom kostenlos oder zu Spottpreisen ab – nur um ihn später bei Knappheit teuer ins Netz zurückzuverkaufen. Die Wertschöpfung bleibt dann nicht beim Erzeuger, sondern wandert zu wenigen Playern, während der Verbraucher am Ende wieder draufzahlt. Eine gezielte Förderung dezentraler Speicher könnte genau hier ansetzen und diese Schieflage verhindern.
Im Juni hat meine Anlage 2.100 kWh produziert, davon knapp 1.000 selbst verbraucht. Ohne Speicher musste ich 300 kWh aus dem Netz beziehen. Mit entsprechend großem Speicher hätte ich die Netzlast durch meine Einspeisung um 50 % reduzieren und die Entnahme auf ein Minimum von 10–50 kWh runterbringen können – das wäre fast schon Autarkie gewesen. In diesem fiktiven Szenario wären meine Stromkosten für den Monat auf nur 3–15 Euro gefallen. Wir erinnern uns: Vor der Anlage standen hier 500€ im Raum.
Debatte um Katherina Reiche und die Solarförderung
Und genau hier landet man wieder in der politischen Debatte. Der Aufschrei aus der Politik ist groß – zu groß, um noch objektiv zu wirken. Wer die Fakten nüchtern betrachtet, versteht, worum es geht. Aber Populismus und Wahlkampf wollen bedient werden – selbst wenn sinnvolle Änderungen an anderer Stelle längst überfällig wären. Warum gibt es keine gezielte Förderung für Speicher – bis zur Größe der eigenen PV-Anlage oder sogar darüber hinaus? Warum keine Anreize für netzdienliches Verhalten durch Überdimensionierung, um negative Börsenpreise zu vermeiden und das Netz zu entlasten? Milliarden, die heute in Zeiten negativer Preise in EEG-Förderung fließen, könnten so echte Effekte erzielen. Mehr zur politischen Dimension findest du auch hier: Politik & Energiewende.
Fazit
Die Wahrheit ist unbequem: Katherina Reiche will Solarförderung abschaffen – und sie hat damit den Mut, etwas auszusprechen, das vielen nicht passt. Die Branche hat sich an bequeme Dauersubventionen gewöhnt. Aber die Fakten sind klar: Preise runter, Eigenverbrauch rauf – Förderung weg. Wer die Energiewende wirklich will, setzt auf Speicher, Netze und Effizienz statt auf Nostalgieprämien. Und genau deshalb hat sie recht.